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Buchvorstellung: Was ein Hypnosetherapeut so liest (II)

Für einen Hypnosetherapeuten ist das Unbewußte das Thema.

Siri Hustvedt, Die unsichtbare Frau, 2003

Den Roman entdeckte ich durch eine Buchbesprechung und er übertraf bei weitem meine Erwartungen. Die Vorschusslorbeeren sind groß. Siri Hustvedt ist mit Paul Auster, dem berühmten US-amerikanischen Autor verheiratet und ich finde, sie schreibt um Längen besser. Paul Auster langweilt mich ab einem bestimmten Punkt immer, bei ihr ist es anders, sie zieht einen in Bann, man erlebt ihre Abenteuer förmlich körperlich mit, sie ist europäischer, moderner, was sicher mit ihrer Biographie zusammenhängt – wie sollte es auch anders sein.

„Siri Hustvedt ist eine US-amerikanische Schriftstellerin (*19. Februar 1955 in Northfield, Minnesota). Sie ist die älteste von vier Töchtern von Lloyd Hustvedt, einem Professor für norwegische und amerikanische Geschichte, und der in Norwegen geborenen Ester Vegan. Sie wuchs zweisprachig auf. Seit sie vierzehn Jahre alt war, wollte sie Schriftstellerin werden und schrieb schon während ihrer Highschool-Zeit Gedichte. Sie studierte Englische Literatur und machte 1986 ihren PhD an der Columbia University. 1982 heiratete sie den Schriftsteller Paul Auster, den sie ein Jahr zuvor kennengelernt hatte. Das Paar lebt in Brooklyn nahe dem Prospect Park mit seiner 1987 geborenen Tochter Sophie und Austers Sohn aus erster Ehe.

Hustvedts bekannteste Romane sind „Die Verzauberung der Lily Dahl“ (1997) und „Was ich liebte“ (2003). Nach dem Roman „Die Leiden eines Amerikaners“ (2008) erschien im Januar 2010 „Die zitternde Frau. Eine Geschichte meiner Nerven.“ Darin berichtet sie von einem Zittern, das sich in ihrem Körper bemerkbar gemacht hat, als sie einen Vortrag gehalten hat. Sie hat sich darangemacht, die Ursache für das Zittern zu finden. In dem Buch referiert sie die Thesen aus Neurologie und Psychologie, an die sie bei dieser Ursachenforschung geraten ist.“ (aus Wikipedia)

All ihre Romane wurden von der renommierten Übersetzerin Uli Aumüller übertragen, die so bekannte Schriftsteller wie Albert Camus, Jean-Paul Sartre und Milan Kundera übersetzt hat. Uli Aumüller erhielt 1989 den Paul-Celan-Preis des Deutschen Literaturfonds und 1996 den Jane Scatcherd-Preis der Heinrich Maria Ledig-Rowohlt-Stiftung. (aus Wikipedia)

Beim Lesen ihres Romans, er ist in der Ichform verfasst, fühlt man sich an eine Therapiestunde erinnert. Man spürt das zähe Ringen um die richtigen Worte, der Versuch wiederzugeben, was im Inneren eines Menschen geschieht. Die Rahmenhandlung ist einfach. Er beschreibt den Lebensweg einer Literaturstudentin, die mühsam mit diversen Jobs ihr Studium bestreitet und dabei die unterschiedlichsten Menschen kennenlernt, was nicht ohne Folgen bleibt. Partiell spaltet sich ihre Persönlichkeit, sie geht als Mann verkleidet durch die Straßen, obwohl ihr die Frau trotzdem anzusehen ist.
Katastrophal ist ihre Erkrankung an einer äußerst schweren Migräne, die sie zu einem längeren Krankenhausaufenthalt zwingt und das ohne Geld, wie soll man da gesunden. Hier spielt auch eine der bedrückendsten Szenen. Sie liegt in einem Dreibettzimmer und wird körperlich und seelisch von einer dementen Patientin bedrängt. Ohne sich wehren zu können drängt sich die demente Patientin in ihr Bett und steckt ihr die Zunge in den Mund, so wird sie zum vollständigen Opfer. Sie lärmt, sie schreit, doch sie gilt bereits als unheilbarer Störenfried. Letztlich hat sie doch gesiegt, am nächsten Morgen ist die Patientin verschwunden. Doch niemand teilt ihr mit, warum sie verschwunden ist. Ein beklemmendes Stück Literatur, wie sie darüber sinniert, was wohl mit der dementen Patientin geschehen ist.

Streckenweise erinnert der Roman an einen Psychothriller. Es ist beängstigend, wenn sich das eigene Sein gegen einen kehrt und dann noch der Körper versagt – doch
der Schluss ist versöhnlich. Die Erzählerin wird wieder halbwegs gesund und
Siri Hustvedt versteht es meisterhaft die verschieden Erzählstränge wieder zusammenzuführen. Was bleibt ist das Bild einer jungen Frau, körperlich und wahnhaft erkrankt, der es gelingt aus eigener Kraft wieder halbwegs gesund zu werden.

Die Autorin ist eine Sprachkünstlerin, der es gegeben ist das Innere eines Menschen sichtbar zu machen. Es wird nicht der letzte Roman sein, den ich von ihr lesen werde.

Buchvorstellungen

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