Katathymes Bilderleben aus der Sicht eines Hypnosetherapeuten

Vortrag von Heilpraktiker Dr. phil Frank Welte

Zu meiner Person:

Was versteckt sich hinter einem Heilpraktiker und Hypnosetherapeuten? Studium der vergleichenden Religionswissenschaft. Schwerpunkt Volksreligion. Promotion über einheimische Psychotherapie in Marokko. Im Zuge der Promotion entstand der Wunsch Therapeut zu werden. Ausbildung zum Heilpraktiker, Schwerpunkt tiefenpsychologische Methoden, Hypnosepsychotherapie, Tiefenentspannung, Katathymes Bilderleben, Psychodrama, Tanztherapie – Schwerpunkt contact improvisation, Seminarleiter für Autogenes Training Grund- und Oberstufe, Trancetechniken, Energiearbeit. Seit dem Studium Lehrer für fernöstliche Kampfkunst (Judo, Aikido, Karate, Ki-Jutsu), Schwarzgurt im Ki-Jutsu. Selbsterfahrung in Psychoanalyse und Hypnoseanalyse.

Katathymes Bilderleben, was ist das?

In aller Kürze vorneweg. Beim Katathymen Bilderleben, kurz KB, lässt man mit Hilfe eines Therapeuten vor seinem inneren Auge Bilder entstehen und nutzt diese Bilder als Zugang zur Seele. Man kann solche Bilder auch ohne die Hilfe eines Therapeuten entstehen lassen, doch verliert man sich dann leicht in ihnen und es braucht großer Schulung um über den sogenannten Blinden Fleck ohne äußere Hilfe hinwegzukommen. Es handelt sich also um ein dialogisches Verfahren. Der Patient berichtet, was er sieht und der Therapeut schwingt mit und legt den Fokus auf die Bilder, wo er eine emotionale Reaktion verspürt und lässt den Patienten dann berichten, was ihm zu seinen eigenen Bildern einfällt. Die Seele bekommt damit eine Möglichkeit, sich ähnlich wie im Traum zu offenbaren, wodurch bereits eine Veränderung eintritt, da Unbewusstes damit bewusst wird. Entwickelt wurde das KB in den vierziger und fünfziger Jahren von Hanscarl Leuner, einem deutschen Psychiater aus Göttingen. 1954 publizierte er es zum ersten Mal umfassend.

Bekannt geworden ist es unter dem Namen Katathymes Bilderleben. Als  psychotherapeutisch anerkanntes kassenärztliches Verfahren heißt es heute KIP, Katathym-Imaginative Psychotherapie. Hans-Carl Leuner war ein sehr kreativer Psychiater. Wie Sigmund Freud und Carl-Gustav Jung suchte er nach Wegen unser Verhalten, das uns ja oft unverständlich erscheint, zu verstehen und zu erklären. Er experimentierte mit den verschiedensten Methoden und entwickelte dabei mehrere eigenständige Verfahren, unter denen das KB das bekannteste wurde. Ein Gedankengang blieb immer gleich, er suchte stets den Grenzbereich zwischen Schlafen und Wachen, zwischen Bewusstem und Unbewussten, das Bewusstsein sollte fähig werden das Unbewusste zu erkennen und vielleicht sogar zu verstehen, womöglich gar zu verändern. Dafür bot sich natürlich der Traum mit seinen Bildern an. Bisher war der Traum immer nur nachträglich interpretiert worden. Als Wissenschaftler war ihm daran gelegen eine Methode zu finden mit der er den Traum künstlich hervorrufen und beobachten konnte, ihn vielleicht sogar erneut abbilden konnte.

Bei seinen Forschungen Ende der vierziger Jahre wurde er auf einen Artikel des deutschen Psychiaters C. Happich aufmerksam, der in den dreißiger Jahren ein psychotherapeutisches Verfahren entwickelt hatte, das er Bildbewusstsein genannt hatte. H.-C. Leuner entwickelte es im Laufe der Jahre zu einem völlig eigenständigen tiefenpsychologischen Verfahren weiter. Das KB stellt heute das einzige psychologische Verfahren dar, bei dem unser Bewusstsein Zeuge unserer unbewussten Prozesse ist und gleichzeitig gestaltend eingreifen kann. Verwandte Verfahren sind die Hypnose und die von ihr abgeleiteten Verfahren wie das Autogenes Training und das NLP, das neurolinguistische Programmieren. Aus der Sicht der Hypnosetherapie könnte man beim KB auch von einem speziellen Hypnoseverfahren sprachen.

Wenn wir uns die Frage stellen, worum es sich beim KB handelt schauen wir uns am besten seine zahlreichen Bezeichnungen, die es mittlerweile bekommen hat, einmal an. Sein Begründer prägte den Begriff Katatyhmes Bild-Erleben. Katatyhm setzt sich aus den beiden griechischen Worten „kata“ und „thymos“ zusammen. „Kata“ heisst „gemäss/von“ und „thyoms“ bedeutet „Seele/Emotionalität.“

Der Ausdruck „katatyhm“ wurde bereits 1912 von dem deutschen Psychiater H. Maier geprägt, um die Abhängigkeit von Emotion und Seele zu kennzeichnen. Der Begriff heißt also nichts anderes als „der Seele gemäß“ und gemeint ist das seelische Erleben innerer Bilder. In dem Ausdruck Bild-Erleben steckt eine doppelte Bedeutung. Gemeint ist das Erleben der inneren Bilder wie beim Traum, man kann es aber auch als Bilder-Leben lesen und dann versteht man darunter das Lebendigwerden der inneren Bilder, sie kommen in Bewegung, in Fluss, sie werden bewegt, der Ausdruck ähnelt dann der Wortkombination Gefühls-Leben. Weit verbreitet ist auch die Bezeichnung Symboldrama. Sie besagt, dass auf einer inneren Bühne Symbole, ähnlich wie bei einem Traum dramatisch inszeniert werden – im Gegensatz zum Psychodrama, bei dem die Symbole äußerlich aktiv wie bei einem Schauspiel dargestellt werden.

Im Englischen hat sich der Ausdruck „Guided Affected Imagery“ eingebürgert, wörtlich übersetzt „die gelenkte, gefühlsbetonte Einbildung.“ Hierbei wird ein anderer Aspekt deutlich. Der Therapeut gibt das Symbol vor und steuert durch gezieltes Nachfragen den seelischen Prozess. Gern verwandt wird auch der Ausdruck „Tagtraumtechnik.“ Damit wird ausgedrückt, dass die Bildwelt der Träume aktiviert wird, dass dies aber nicht im Schlafzustand geschieht, sondern im Wachen, des tags, eben dann, wenn das Bewusstsein wach ist und die so entstehenden Bilder kommentieren kann. Es kann dabei vorkommen, dass man in Tiefenentspannung verfällt, man könnte auch sagen, zu tief abtaucht, doch dann tritt wie im Schlaf Amnesie, Gedächtnisverlust ein. Ein Vorgang, der zwar körperlich sehr erholsam ist, doch da er dann keiner bewussten Bearbeitung zugänglich ist nicht forciert wird.

Schulmedizinisch wird das Katatyhme Bilderleben als KIP, als „Katathym-Imaginative Psychotherapie“ bezeichnet. Wörtlich übersetzt heißt der Ausdruck: „man wirkt auf die (kranke) Seele mit Vorstellungen ein, die ihr gemäß sind.“ Obwohl Leuner Psychiater war sah er im Katatyhmen Bilderleben immer auch eine Form der Selbsterfahrung und wollte es daher nicht nur Psychotherapeuten zur Verfügung stellen, weswegen die kassenärztlichen Therapeuten, die KB praktizierten, dem Katathymen Bilderleben den Namen Katathym-Imaginative Psychotherapie gaben und es so als zugelassenes psychotherapeutisches Verfahren kennzeichneten.

In der Psychotherapie haben wir es meist mit Angststörungen zu tun. Hier bietet sich das KB besonders an, da es sich um eine sehr wirkungsvolle tiefenpsychologische überschaubare Kurzzeittherapie handelt. Eine übliche Behandlung geht meist über fünf bis zehn Sitzungen, die in Abständen von ein ode zwei Wochen abgehalten werden. Es werden fünf verschiedene Symbole bearbeitet, die alle aufeinander aufgebaut sind. Es handelt sich um die Wiese, den Bach, den Berg, das Haus und den Waldrand.

Die Wiese steht für unseren derzeitigen seelischen Zustand. Der Bach zeigt uns, woher wir kommen und wohin wir gehen, der Berg veranschaulicht uns wir mit Autoritäten umgehen, das Haus, wie wir uns im Leben eingerichtet haben und der Waldrand gibt uns die Möglichkeit vom Licht in den Schatten zu treten. Er bietet so eine Möglichkeit uns mit unseren Schattenseiten zu konfrontieren.

Therapeutisch werden die Motive nun einzeln bearbeitet. Nach einem Vorgespräch bittet der Therapeut den Patienten sich auf die Couch oder die Behandlungsliege zu legen. Er deckt ihn dann mit einer Decke zu, um ihm möglichst viel Schutz zu geben, da er sich ja nun seelisch öffnen wird.

Nach einer kurzen Entspannung – ähnlich wie beim Autogenen Training – fordert er ihn auf, vor seinem inneren Auge eine Wiese entstehen zu lassen – oder was sonst auch immer kommen mag. Es kommt nämlich oft vor, dass es dem Patienten noch nicht möglich ist eben dieses Symbol zu bildern, da er genau bei diesem Thema  eine Störung hat. Beim Symbol der Wiese kommt es z. B. oft vor, dass stattdessen das Meer erscheint. Eine der Deutungen ist nun, dass Meer und damit Wasser für die Mutter stehen und erst die Beziehung zur Mutter bearbeitet werden muss bevor die symbolische Bedeutung der Wiese bearbeitet werden kann.

Allein dadurch, dass wir der Psyche die Möglichkeit geben sich zu offenbaren findet bereits Veränderung statt. In unserer heutigen Kultur haben wir ja nicht einmal mehr die Möglichkeit auf unsere Träume zu lauschen, sie anderen zu erzählen. Der Wecker klingelt, die Träume verschwinden und der Alltag übernimmt, dadurch kommt aber unsere Psyche zu kurz, die für ein gesundes Funktionieren die Verbindung von Unbewusstem und Bewusstem braucht. Nur noch in wenigen Stammesgesellschaften nimmt das sich gegenseitige Erzählen der Träume noch einen wichtigen sozialen Stellenwert ein. Viele unserer Störungen resultieren aus dieser Missachtung unserer nächtlichen Traumarbeit und das holen wir im KB nach. Durch die Begrenzung auf ein bestimmtes Symbol können wir in die Tiefe gehen und verlieren uns nicht in zahlreichen anderen Symbolen, dazu kommt, dass der Therapeut auf dieses spezielle Symbol geradezu geeicht und damit viel hellhöriger als bei anderen Symbolen ist.

Das eigentliche Bildern dauert ungefähr eine halbe Stunde. Der Patient schwingt mit den Bildern des Patienten mit, sieht sie geradezu selber und achtet darauf, wo er Emotionen verspürt. Sobald er welche spürt hakt er nach: „Beschreiben Sie genauer.“ „Was spüren Sie in ihrem Körper, wenn sie daran denken?“ „Erinnert Sie das an etwas?“ „Was kommen Ihnen für Ideen, Einfälle bei diesem Thema.“ Anschließend lässt er ihn zu seinem Bild zurückkehren und in der Regel hat es sich nun verändert. Hohes Gras wird niedriger, eine dichte Hecke lichter, es kann aber auch genauso umgekehrt sein: Zu Beginn stellt sich ein wunderschönes Bild mit Blumen und Sonne ein; hier wird der Therapeut genauso hellhörig: nur Licht gibt es nicht – Schatten gehört immer dazu und umsonst ist der Patient ja auch nicht zur Behandlung gekommen. Oft tauchen bei solchen Bildern nach einiger Zeit dunkle Wolken auf, es entlädt sich ein Gewitter oder es tauchen angsteinflößende Personen auf. Das Wichtigste ist nun, sich all diese Bilder genau anzuschauen und sie nicht etwa beiseite zuschieben oder sie zu verharmlosen.

Diese Bilder zeigen uns, was im Patienten vor sich geht. Sie sind der lebendige Ausdruck seiner Seele, seiner seelischen Prozesse. Da die Seele nicht sprechen kann zeigt sie sich in Bildern – so wie wir es ja auch aus den nächtlichen Traumbildern kennen. Angsteinflößende Bilder zuzudecken wäre jetzt genau das Falsche: der Fokus wird vielmehr genau auf diese Bilder gelegt. Die Seele erhält dadurch die Möglichkeit, sich zu artikulieren. Das Thema bleibt nicht mehr im Verborgenen, sondern wird nun dem Bewussten zugänglich. Das Thema verändert sich damit und der Heilungsprozess beginnt.

Hierzu zwei Beispiele aus meiner eigenen Ausbildung als Beispiel für die innere Logik des Unbewussten. Einer unserer Teilnehmer bilderte eine endlose Folge von wunderschönen Bildern, die gar nicht mehr aufhören wollten. Wir waren alle beeindruckt. Und was meinte der Kursleiter? Hat das etwas mit Angst zu tun? Und entlarvte mit dieser Beobachtung den ganzen Verdrängungsprozess, dem wir alle aufgesessen waren.

Einer anderer Teilnehmer bilderte beim Motiv Wiese einen Sportplatz mit einem Stacheldraht außen herum. Der noch nicht geübte Therapeut forderte den Teilnehmer auf, den Stacheldraht mit Hilfe einer Leiter zu überwinden. Was löste seine Intervention aus? Der Stacheldrahtzaun wuchs ins Unermessliche. Der Therapeut hatte die Botschaft des Bildes nicht verstanden. Es ging um den Zaun. Erst musste geklärt werden wofür er stand, dann konnte er überwunden werden – die Seele tat also genau das Richtige und lies ihn ins Unermessliche wachsen und zeigte so: der Zaun ist das Thema. Richtig wäre gewesen auf der Bildebene Kontakt mit dem Zaun  aufzunehmen, den Teilnehmer zu fragen, wie weit kommst du an ihn heran, kannst du ihn berühren? oder gar die Perspektive zu wechseln und den Patienten aufzufordern er solle sich vorstellen, er sei selber der Zaun. Auf diese behutsame Weise verliert der Zaun mit der Zeit seinen Schrecken und kann seine Botschaft offenbaren: ich lasse niemanden an mich heran, ich zeige meine Zähne.

Die einzelnen Symbole

Das erste Symbol ist die Wiese. Sie steht für unsere Charakterstruktur. Da sie in der ersten Stunde gebildert wird, stellt sie noch ein Herantasten an die Methode dar. Die Seele zeigt sich in Form eines Bildes, offenbart sich behutsam. Es geht nun um eine genaue Beschreibung des sich entfaltenden Bildes. Wie sieht die Wiese  aus, was ist für Wetter, was für  eine Tages-, was für eine Jahreszeit, was kann man auf ihr unternehmen, ist das Gras hoch oder nieder, gibt es Blumen und wenn ja, welche, gibt es Tiere, sieht sich der Patient selbst im Bild, verändert sich das Bild, wenn er in seinen Körper hineinspürt? All das zeigt uns auf der Symbolebene wie es  im Innern des Patienten aussieht.

Das zweite Symbol ist der Bach. Nachdem der Patient geschildert hat, was er sieht, fragt man ihn, ob er zum Ursprung oder zum Ende des Baches will. Dies zeigt, ob er eher rückwärts oder eher nach vorwärts orientiert ist. Der Therapeut achtet nun darauf welche Hindernisse der Patient auf seinem Weg überwinden muss:  wie sieht der Bach aus, ist er klein, ist er groß, ist er tief, ist er breit, ist er langsam, ist er träge, münden andere Gewässer in ihn, wird er von Brücken überquert, wie sieht die Quelle aus, wie sieht die Mündung aus? All diese Bilder zeigen die Idee des Lebenslaufes des Patienten und werden ihm bildhaft zum ersten Mal auf diese Weise deutlich gemacht.

Das dritte Symbol ist der Berg. Nun geht es um das Verhältnis zu Autoritäten. Je nach Charakterstruktur zeigt sich der Berg ganz unterschiedlich. Bestehen keine Probleme, ist er nicht übermäßig groß und kann leicht bestiegen werden. Bei Störungen in diesem Bereich wird er oft zu schnell erklommen und kein Rückweg gefunden und der arme Therapeut sieht die Minuten schwinden und weiß nicht, wie er seinen Patienten bis zum Ende der Stunde wieder herunterholen kann. Oftmals bleibt ihm nichts anderes übrig, als die Situation offen zu lassen und sie das nächste Mal noch einmal einzustellen, oder es gibt keinen Weg nach oben, oder es ist schlechtes Wetter, was sich oft bei Asthmatikern zeigt, oftmals braucht es Hilfsmittel um den Berg zu besteigen, wie Stangen, Leitern, Seile. Manchmal taucht hinter dem Berg schon der nächste auf, alles Themen, die es zu bearbeiten gilt.

Das vierte Symbol ist das Haus. Es zeigt, wie wir uns eingerichtet haben. Die Symbolik ist sehr vielfältig. Groß, klein, große Fenster, kleine Fenster, wie sieht die Eingangstüre aus, wie das Dach, hat es einen Garten, eine Hecke, einen Zaun, spannend wird es im Innern, wie sehen das Wohnzimmer, die Küche, das Schlafzimmer, das Arbeitszimmer, die sanitären Bereiche aus, gibt es einen Dachboden, einen Keller, man erinnert sich an das Sprichwort, wieviel Leichen liegen im Keller. Manchmal weigert sich der Patient ein Haus zu bildern, er zieht ein Zelt oder eine Hütte vor, manchmal erscheint auch eine Kirche oder eine Kapelle, manchmal sind die Häuser puppenhaft klein, manchmal riesige Paläste, hier wird oft Anspruch und Wirklichkeit sichtbar.

Das fünfte Symbol ist der Waldrand. Er bietet uns die Möglichkeit vom Licht in den Schatten zu treten und damit die Möglichkeit uns eigentlich verborgene Dinge anzuschauen. Ich habe immer wieder feststellen müssen, dass es viele Menschen gibt, die Angst vor dem Wald haben und ihn nie allein betreten würden. Seither achte ich auf das Gefühl beim Übertreten der Schwelle vom Hellen ins Dunkle. Es ist tatsächlich ein eigentümliches Gefühl. Man kommt vom Ungeschützten ins Geborgene, doch aufgepasst! Nicht jeder empfindet gleich. Menschen, die keine Geborgenheit erlebt haben empfinden meist Angst davor ins Dunkle zu treten. Hier muss man vorsichtig den Rand des Waldes erkunden, Kontakt aufnehmen, nach Einlässen suchen, ein Betreten gelingt meist nicht beim ersten Versuch. Wenn es dann gelingt, sind die Patienten meist überrascht, wie angenehm sich das Innere des Waldes anfühlt.

Nach der Durcharbeitung dieser fünf Symbole ist oft schon eine große Linderung/ Erleichterung eingetreten. Doch je nach Störung besteht oft der Wunsch und die Notwendigkeit mit der Therapie fortzufahren und es stellt sich die Frage wie es weitergeht. Als weitere Symbole kann man nun Pferdekutsche, Auto, Rosenbusch, Wildkatze, Löwe, Höhle, Sumpfloch, Vulkan, Foliant, alte Bücher, einstellen, wodurch der Seele die Möglichkeit gegeben wird, sich noch differenzierter zu zeigen.

Je nach Handschrift des Therapeuten kann nun auch eine sogenannte Lebensanalyse begonnen werden, in der statt eines Symbols in jeder Sitzung ein Lebensjahr erinnert wird oder man gestaltet die Sitzung noch offener und fordert den Patienten auf, darauf zu achten, was ihm in der Entspannung für innere Bilder, Gefühle, Gedanken, Träume oder was ihm sonst wichtig erscheint auftauchen. Man kann die Phantasie auch nach außen lenken und psychodramatisch vorgehen und spielt mit dem Patienten Szenen nach oder man hat einen Sandkasten zur Verfügung, in dem der Patient mit Figuren Szenen aufstellen kann oder man lässt ihn Symbole malen, kneten, etc. Was man nicht tut ist Übertragung und Gegenübertragung bearbeiten, das bleibt der Psychoanalyse vorbehalten. Man ist sich nur gewahr, dass in der reduzierten Situation der Therapiesituation der Patient Vorstellungen auf die Person des Therapeuten richtet, die eigentlich nichts mit diesem zu tun haben. Der Therapeut fungiert in diesem Moment nur als Stellvertreter.

Durch das Bildern wird die Traumtätigkeit angeregt und die Patienten werden aufgefordert ihre Träume mitzubringen. Sie werden im KB wieder eingestellt und damit der Bearbeitung zugänglich. Ähnlich wie im Psychodrama kann der Patient nun in die einzelnen Rollen schlüpfen und so seinen Blickwinkel erweitern und so zu einem besseren Verständnis seiner nächtlichen Traumtätigkeit kommen. Für viele Patienten ist es schwierig zu glauben, dass sie fähig sein sollen der Forderung des Therapeuten zu folgen und ein inneres Bild wie bei einem Traum entstehen zu lassen. Die Erfahrung zeigt, dass es etwa achtzig Prozent der Patienten ohne weiteres gelingt. Man darf dabei auch nicht vergessen, dass das Bildern ja nur eine unter mehreren Möglichkeiten darstellt einen Zugang zur Seele zu bekommen. Gelingt es nicht auf Anhieb fordert man den Patienten auf, sich eine Wiese vorzustellen, einzubilden, sich auszumalen, gelingt auch dies nicht, sich an eine Wiese zu erinnern. Manchmal gelingt auch dies nicht, dann richtet man die Aufmerksamkeit auf den Körper, wo spürt man sich, lässt von dem Problem erzählen, das ihn hergeführt hat, fragt, ob ein Traum erinnert wird und tritt so in Kontakt mit der Seele. In der Regel ist es dann ein Leichtes nach einiger Zeit zu dem Bild der Wiese zurückzukehren und sie sich nun vorzustellen.

Soweit das KB als Einzelpsychotherapie. Es gibt es aber auch als Gruppenpsychotherapie oder auch als Gruppenselbsterfahrung. Eine Gruppe von fünf bis acht Teilnehmern legt sich sternförmig mit dem Rücken auf den Boden mit den Köpfen zur Mitte hin. Der Therapeut macht eine kurze Einleitung und gibt das Motiv vor. Zu Beginn wurde ausgemacht wer mit dem Bildern beginnt und in welcher Richtung weitergegangen wird. Der erste teilt nun seine Bilder mit, übergibt an den nächsten und so fort, in der zweiten Runde kann dann auf die Bilder der anderen eingegangen, sie können sogar übernommen werden oder es wird beim eigenen Bild geblieben. Nach drei oder vier Runden kommt die Schlussrunde, jeder Teilnehmer nennt einen Begriff wie er das gemeinsame Bildern empfunden hat, danach wird in einem Gruppengespräch das Erlebte zusammen aufgearbeitet. Das besondere Merkmal dabei ist, dass man nicht nur sein eigenes Bild erlebt, sondern auch die Bilder der anderen und dass eine Gruppendynamik dabei entsteht, die den Zusammenhalt der Gruppe sehr fördert. Dazu kommt, dass die Bilder wie von alleine fließen, die Energie der Gruppe hilft beträchtlich dabei.

Zum Abschluss noch ein Wort zu ähnlichen Verfahren. Das KB wird gern mit Phantasiereisen verwechselt. Der grundlegende Unterschied besteht darin, dass bei der Phantasiereise der Therapeut dem Patienten die Bilder vorgibt, ihn eine Reise machen lässt und diese Bilder erst im nachhinein besprochen werden, also nicht im Moment ihrer Entstehung verändert werden können. Eng verwandt mit dem KB ist auch die Oberstufe des Autogenen Trainings. Dient die Grundstufe dazu sich Entspannung vorzustellen und damit auch herzustellen hat die Oberstufe eher therapeutischen Charakter. Nach Einstellen des Ruhezustandes gibt der Kursleiter ein Motiv vor (Glück – Unglück, Zufriedenheit – Unzufriedenheit), das die Teilnehmer dann eine halbe Stunde lang vor ihrem inneren Auge imaginieren und darüber nachsinnen und wirken lassen. Anschließend berichtet jeder von seinen Erlebnissen und tauscht sich mit den anderen aus und der Kursleiter gibt Erklärungen dazu ab. Hier werden also die Bilder auch nicht im Moment des Entstehens direkt bearbeitet, sondern nur im Nachhinein, wobei es sich durch die Wahl der Motive um ein sehr mächtiges und wirkungsvolles Verfahren handelt.

Das NLP, das neurolinguistische Programmieren wirkt auf den ersten Blick wie das KB. Der Therapeut lässt das Problem innerlich einstellen und fordert ihn dann auf sich die Lösung vorzustellen und damit das alte Verhalten zu überschreiben. Oder man schreibt das Problem auf eine Tafel und zerbricht dann diese Tafel oder wischt das Problem weg, hier hat also das Bearbeiten der inneren Bilder eher verhaltenstherapeutischen Charakter. Hier zeigen sich verschiedene Weltbilder. Das KB ist tiefenpsychologisch geprägt und sieht die Wirksamkeit im Sich-Zeigen der Bilder und dem daraus resultierenden Sich-Verändern, wohingegen das NLP an das bewusste Verändern der Bilder glaubt, wobei leider die Erfahrung zeigt, dass die Psyche doch meist hartnäckiger als unser Bewusstsein ist und es viel Geduld beim Verändern von Gewohnheiten braucht.

Eher exotisch ist das luzide Träumen. Hier handelt es sich um ein posthypnotisches Verfahren. Der Patient nimmt sich vor dem Einschlafen fest vor während des Schlafens einen Rest Bewusstsein zu bewahren und gestaltend in die Traumbilder mit einzugreifen, sie also bereits auch während ihrer Entstehung zu verändern. Das Problem hierbei ist auch der innere Blinde Fleck, dass man sich selber eben ausgeliefert ist und dementsprechend auch nur begrenzt seine inneren Bilder selber zu steuern vermag. Dies führt uns in ein ganz anderes Gebiet, in das Gebiet der Meditation, im weitesten Sinn in das Gebiet der Religion. Bis vor kurzem war ja die Religion noch für das Stimmen der Seele zuständig, die aus dem Gleichgewicht geraten war. Leider hat sie dieses Wissen oft für den eigenen Machterhalt missbraucht, dennoch finden wir all diese Methoden in den unterschiedlichsten religiösen Systemen. Denken sie nur an den katholischen Rosenkranz, bei dem durch das Vorsprechen religiöser Formeln ein ganz bestimmter Gemütszustand erreicht wird. Oder die Exerzitien der Jesuiten, nichts anderes wie religiöse Übungen. Oder die Meditationen der Anthroposophen, oder an die Meditationsformen aus dem Yoga, die heute so beliebt sind.

Dies sind Übungen für den gesunden normal entwickelten Menschen, der sich seelisch und geistig weiterentwickeln möchte, gleichzeitig bieten sie dem schwachen Menschen Halt und einen Ort des Trostes, der Regeneration. In unserer säkularen Gesellschaft verschwindet zunehmend die Kraft der Religion und wird durch Teildisziplinen wie der Psychotherapie ersetzt. Letztlich ist der Psychotherapeut nichts anderes als ein Seelsorger und die Psychotherapie, nichts anderes als die Unterstützung durch einen geschulten Mitmenschen mit dessen Hilfe wir irgendwann wieder unser Schicksal in unsere eigenen Hände nehmen sollen.